Island-Rundreise im Winter

Diese Reise ist einen Blogbeitrag Wert!

Hinterher weiß man immer mehr, daher möchte ich mit diesem Beitrag meine Erkenntnisse teilen, damit dein Islandabenteuer ein voller Erfolg wird.

Mein Islandabenteuer hatte zwei Ziele:

1.       Island erleben ohne Tourimassen

2.       Eishöhlen erleben

Als Erstes stellte ich mir die Frage, DIY oder guided tour? Nach dem Lesen einiger Islandblogs wurde schnell klar, guided, da sich Aussagen von eingeschneiten, steckengebliebenen Touristen mit Mietwägen häuften. Mehr Hintergrundinformation zu diesem Phänomen – wieso, weshalb, warum – weiter unten. Außerdem macht alleine reisen im Mietwagen keinen Spaß.

Da ich international gemischte Reisegruppen mag, entschied ich mich für einen lokalen Anbieter von Gruppenaktivreisen. Da gibt es eigentlich nur einen Market Player, nämlich Arctic Adventures. Dieser Komplettreiseanbieter hat 2017 Extreme Iceland aufgekauft und bietet noch viel mehr an. Link zur „About us“-Seite von Arctic Adventures.

An dieser Stelle auch gleich meine Bewertung von Arctic Adventures: OK. Tolles Reiseangebot, das leider mangelhaft strukturiert auf der Website dargeboten wird. Die Beantwortung von E-Mails dauerte teilweise mehrere Tage. Auch bei anderen Reisenden. Mein Tipp: Wenn es schnell gehen muss, anrufen und eine E-Mail als Beleg hinterherschicken, gerade wenn es um Bestelländerungen geht.

Ich hatte ein 9-tägiges Programm mit insgesamt 3 Touren von AA zusammengebastelt:

1.       2-tägige Tour Landmann

2.       6-tägige Tour Ring Road

3.       1-tägige Tour in den Westen

Tour Nr. 1 wurde 2 Tage vor meinem Abflug „for operational reasons“ gecancelt. Später hat sich herausgestellt, dass die Wetterbedingungen so extrem waren, dass die Tour nicht hätte durchgeführt werden können. Randnotiz: das sind schon mal jene Momente, in denen Touristen mit Mietwägen ohne isländische Wettererfahrung und ohne lokale Wetterinformationen dennoch ihre Route versuchen durchzuziehen…und schneller steckenbleiben als sie umkehren können.

Tour Nr. 2 startete erstmal wie geplant.

Ich wunderte mich über das Fahrzeug, das da vorfuhr, nach all dem, was ich gelesen hatte. Mais bon…

Unser 4×4 Reisebus für 18 Passiere. Das Gepäck gefriert im Anhänger.

Insgesamt hüpften 18 Personen zwischen 25 und 67, von Colorado über London bis Südkorea, an Bord.

Super Gruppe! Aus Datenschutzgründen alle unscharf und vermummt.

Tag 1: Golden Circle und Südküste

Wird auch als Tagesausflug von Reykjavik aus angeboten. Folglich trifft man auch im Winter noch Touristen an.

Im Þingvellir-Nationalpark bestaunten wir die Spalte zwischen der eurasischen und nordamerikanischen Kontinentalplatte.

Hier hätte man auch tauchen können, wenn es keinen Sturm gegeben hätte. Dann statteten wir dem wohl bekanntesten und (aufgrund der Nähe zu Rey) meist besuchten Geysir Strokkur einen Besuch ab.

Anschließend ging es zum mächtigen Wasserfall Gullfoss. Zu meiner Reisezeit (Februar) war es so, dass trittsichere Besucher ohne Grödel auskamen. Einige hatten Spikes oder Grödel an.

Auf unserem Weg nach Vík hielten wir noch bei den Wasserfällen Seljalandsfoss und Skógafoss. Nun ließ der Verkehr deutlich nach. Die Black Beach hatten wir für uns allein.

Black Beach am Abend.

Der Guide zeigte uns youtube-Videos von allwissenden Ich-kenn-mich-aus-Touristen, die von den Wellen ereilt und umgehauen wurden. Tja, Wellen beobachten und Abstand halten. Dann bleiben die Füße auch trocken.

Gesteinsformation an der Black Beach.

Das Hotel befand sich irgendwo im nirgendwo. Ich kam mir vor wie bei einer Antarktisexpedition, bei der sich die Gruppen nachts versammeln und tagsüber ins unendliche Weiße ausschwärmen. Das Hotel war für Gruppen ausgelegt und bot allerhand Luxus (für meine Reisegewohnheiten): fließend Kalt- und Warmwasser (ist allerdings total üblich auf dieser Tour), Heizung (auch total üblich), beste Verpflegung à la carte (auch „normal“), Trinkwasser aus der Leitung (usus in Island) uvm.

Das Hotel und Parkplatz.

Tag 2: Vík – Skaftafell – Gletscherlagune – Höfn

Ein Tag mit zwei Highlights für meinen Geschmack! Immer am Rand des größten Mýrdalsjökull-Gletschers entlang ging es vorbei am Katla-Vulkan, der 2010 die Weltbevölkerung mit seiner Asche aus ihrem Rhythmus brachte. Im Vorfeld hatte ich schon viele Fotos von der sog. Diamond Beach gesehen, doch die Realität haute mich um. So schön! Seht selbst.

Traumhaft schöne Diamonds aus Eis. Liegen am Lavastrand oder treiben im Wasser umher.

Danach stand die Fahrt im Super Jeep zur Eishöhle unter dem Jökulsárlón-Gletscher auf dem Programm. Entgegen meiner Erwartungen wurde ich als Bergsteigerin mit Gletschererfahrung slightly enttäuscht. Die sog. Höhle hätte ich als Gletschermaul bezeichnet.

Eishöhle hat bei mir (und anderen native-Reisenden auch) andere Assoziationen hervorgerufen. Dennoch fand ich schön, dass dieser Ort naturbelassen ist und bleibt. Die Herausforderung des Veranstalters besteht darin, zu Beginn jeder Saison sog. Eishöhlen (wie auch immer) ausfindig zu machen, da sich der Gletscher ja bewegt. Dies hat zur Folge, dass es jede Saison neue Höhlen gibt. Die Höhle kann zu deiner Reisezeit ganz anders aussehen. Also go for it! Die Fahrt im Super Jeep ist auch ein Erlebnis.

Mit einem Super Jeep kann man was erleben… 😉

Als mein zweites Highlight entpuppte sich dann die Jökulsárlón-Gletscherlagune. Ein Traum!

Nun weiß ich, dass meine nächste Expedition eine Kajaktour durch Grönland sein wird. Was für ein Anblick! Was für Geräusche! Was für kraftvoller Ort!

Im Übernachtungsort Höfn waren wir wieder spitzenmäßig untergebracht. Daran könnt ich mich gewöhnen ……….. 😉

Tag 3: Ostfjorde – Djúpivogur – Egilsstaðir

Der heutige Tag lässt auf Abenteuer hoffen. Es stürmt! So sehr, dass man im Stand auf Eis verrutscht wird. Eine Planänderung folgt sofort: statt einer 3-stündigen Wanderung besuchen wir eine Filmkulisse, ein Vikingerdorf.

Es stürm so megageilkrasshammerdolle, dass eine, die schätzungsweise 60kg wog, im hohen Bogen umgepustet wurde. Also bitte, Wintertourismus erst ab 70kg – hahaha.
Im Sturm zeigt sich die Leistungsfähigkeit geiler Kleidung. Ich bin megazufrieden und kann den Ausflug daher zu 100% genießen. Kurzer Klamottenexkurs ganz unten.

Erschöpft und zufrieden legen wir unsere Grödel ab und steigen in den Bus, um durchzuatmen.

Bei der Weiterfahrt entlang der Ostküste sehen wir immer wieder gesperrte Straßen, die teilweise zu Sehenswürdigkeiten wie z.B. dem zweithöchsten Wasserfall Islands, dem Hengifoss, führen. Damit muss man rechnen. Ich hab allen Ernstes Touris kennengelernt, die mit ihrem Mietwagen in eine gesperrte Straße gefahren sind, um einen Wasserfall anzuschauen. Sie mussten geborgen werden…und durften in einer Turnhalle schlafen. @Selbstfahrer: Hirn einschalten, den Isländern vertrauen und weather forecast genauestens studieren. Unser Guide hat mit dieser Website und seiner Erfahrung und seinen topografischen Kenntnissen seine Fahrentscheidungen geplant. Das gibt es bei uns einfach nicht und wird deswegen vielen Selbstfahrern zum Verhängnis. An diesem Tag sind 150 Personen an der Südküste im Schnee steckengeblieben. Ab und zu erfrieren auch welche.

Alles klar? Blick aus der Frontscheibe.

Tag 4: Dettifoss – Mývatn – Goðafoss – Akureyri

Als erstes steht Dettifoss, Europas stärkster Wasserfall, auf dem Programm. Doch die Straße ist gesperrt. Also geht’s weiter auf der winterlichen Ring Road. Gelegentliche Stopps bieten Landschaftskino vom Feinsten.

Danach geht es zur stinkend-mystischen Landschaft Námaskarð.

Hier pfeift und stinkt es.

Die Erinnerungen an diesen Ort halten dank Schwefelgeruch in der Nase noch lange an. Natürlich darf ein sagenumwobener Ort auf dem Programm nicht fehlen. Wir statten den Trollen bei Dimmuborgir einen Besuch ab, bevor wir uns im mineralienreichen Wasser des Naturbads Mývatn aufwärmen. Tipp: Mütze gleich aufsetzen, sonst müsst ihr nochmal raus *brrr*. Denn zwischen dem 41°C warmen Wasser und Spind liegen ca. 50m Wegstrecke in klirrender Kälte. Mollig warm und gut abgespeist geht es anschließend zum traumhaften Wasserfall Goðafoss.

Waaaaahnsssssinnige Schönheit bei klirrrrrrrrender Kälte.

Tag 5: Wale beobachten in Dalvík – Siglufjörður -Tröllaskagi – Bifröst

Wieder ein erkenntnisreicher Sturmtag!!!! Für heute ist Sturm angesagt. Es ist alles möglich: von wir-müssen-im-Hotel-bleiben bis hin zu einem sehr späten Aufbruch.

Wir starten mit der Walbeobachtung, da diese in einer windgeschützten Bucht stattfindet. Es dauert nicht lange, da haben wir das Prachtexemplar vor Augen.

Zurück an Land schaue ich dem Guide über die Schulter, weil ich erfahren möchte, warum so viele Touris im Schnee stecken bleiben, und wie er seine Fahrten plant. Seine heutige Taktik lautet: Zeit totschlagen, denn der Sturm reist in unsere Richtung. Unsere Route beinhaltet drei Bergketten, die erste niedriger als die anderen zwei und machbar bei dem Schneesturm und mit dem Gefährt. Gesagt, getan. Der Bus schaukelt. Einige Teilnehmer umarmen zeitweise Ihren Vordersitz oder klammern sich am Sitz fest. Ich schaue aus dem Fenster und sehe: Schnee bis zur Augenkante. Ich schaue nach vorne und sehe: weiß. Wie fährt der?!?!

Ein Blick aus dem Fenster schafft Vertrauen. Oder nicht?

Kennt der die Strecke so gut, dass er blind fahren kann? Das ist die einzige Frage, auf die ich vor dem sicheren Ende dieser Tour keine Antwort haben wollte. Ich entdecke einige Mietfahrzeuge im Schnee. Ich beginne zu verstehen, wie man sehr leicht steckenbleiben kann. Hin und wieder fährt ein Mietwagen vor uns und bremst uns ordentlich aus. Der Guide überholt gerne, denn Touris bremsen, wenn sie nichts sehen oder bleiben stehen. Und so kommt es dann zu den eingeschneiten Fahrzeugen mitten auf der Straße.

Nach der ersten Bergkette landen wir im Niemandsland. Der Guide wartet auf ein News Update des Wetteramts, das eigentlich um 12 Uhr kommen sollte. Er bleibt ruhig, auch wenn weit und breit kein Hotel zu sehen ist. Um 16 Uhr postet das Wetteramt einen aktuellen Bericht. Los geht’s, gen Norden, über zwei Bergketten hinweg, an Schneefräsen vorbei, an eingeschneiten Mietfahrzeugen vorbei, über Schneeverwehungen hinweg fegen wir mit unserem 4×4 Bussle mit Anhänger – ich muss lachen.

Einige von uns wollen Nordlichter sehen, was allerdings ein glückabhängiges Unterfangen ist – vergeblich. Mein Tipp: geht lieber nach Lappland, oberhalb des Polarkreises. Da braucht man auch nicht lang warten. Hier gelangt ihr zu meinem Lappland-Reisebericht.

Tag 6: Borgarfjörður – Reykholt – Hraunfossar – Hvalfjörður – Reykjavík

Der Tag beginnt auf dem Vulkankrater Grábrók. Mittlerweile ist die Gruppe richtig schön zusammengewachsen. Es macht richtig Spaß!

Wir besichtigen weitere heiße und auch stinkende Quellen und mal wieder zwei Wasserfälle. Einer davon, Hraunfossar, ergießt sich kaskadenartig aus dem Gletscher. Super!

Zu meiner Überraschung docken wir an einer Pferdefarm an und bekommen Einblicke in das Leben dort.

Heiße Gratisquelle im Garten, dessen Heißwasser als Stall- und Zimmerheizung genutzt wird.

Natürlich dürfen wir Streicheleinheiten abgeben.

Hier nun wird der morgige Ausflug an die Westküste aufgrund eines angekündigten Schneesturms abgesagt. Das heißt für mich: back to Reykjavík. Ich bin nicht gerade erfreut, aber nature is boss.

Meine Reisetipps, meine Learnings

WIFI ist übrigens fast immer vorhanden, in den entlegensten Cafés, Restaurants etc. Fast immer frei und ausreichend für video calls.

Während meiner ganzen Zeit habe ich nie Bargeld benötigt. Alles, sogar die Kugel Eis, zahlt der Isländer üblicherweise mit Kreditkarte.

Meiner Meinung nach sind nachstehende Klamotten unnütz:

  • Windbreaker: diese ultraleichten >> Mein Tipp: Regenjacke (Mehrfachverwendung; mit Kapuze; stabiler; passt über alle Bekleidungsschichten)
  • Skibrille für Schneesturm >> Mein Tipp: selbsttönende Sportbrille (Mehrfachverwendung in Stadt & Land) und Mützen
  • Sturmhaube (kann man machen) >> My Style: Windbreaker-Mütze mit Ohrenschutz immer als 1. Mütze und Wollmütze oder Kapuze drüber