Schneeschuhwandern mit Pulka in Lappland

Winterwonderland Lappland

Die Vorbereitungen sind abgeschlossen. Der Schneesturm kann kommen, abartige Minusgrade auch. Dank täglicher Radtouren um die 35 km bei sanften Minusgraden (mehr gibt der hiesige Winter nicht her) fühle ich mich gerüstet für ein 14-tägiges Abenteuer im hohen Norden ohne Strom und ohne fließendes Wasser.

Schwedisch-Lappland erscheint mir als eine ungemütliche und reizvolle Region zugleich, Tagestemperaturen um die -17°C, Tageslicht von 9 – 14 Uhr, Schneehöhe ca. 1,60 m, bei Neuschnee fallen mal locker um die 60 cm usw. usf. Unberührte Landschaften aus Eis und Schnee, magische Natur und Stille.

Zwei Wochen war ich in Lappland unterwegs, ohne Strom und ohne fließendes Wasser. Die Straßen sind zugeschneit bzw. vereist, Teer habe ich nicht gesehen, Gras/Rasen/Erde ebenfalls nicht. Autos fahren mit Spikes herum und besitzen einen Zuheizer, damit der Motor vor dem Start 1 – 2 Stunden vorgeheizt werden kann. Was bei uns der Eiskratzer ist, ist in Lappland die Schneeschaufel. Was bei uns 1 – 6 cm Neuschnee sind, sind in Lappland 60 cm.

Akklimatisation an Eis & Schnee

Die erste Woche verbrachte ich zur „Akklimatisation“ im abgeschiedenen Dorf in Solberget. Gefeuert wird mit Birkenholz, auch die Sauna wird mit Brennholz auf stolze 90 Grad hochgeheizt, die Rinde dient als Anzünder. Bestes Trinkwasser kann aus einer Quelle geschöpft werden, die man mit Zugschlitten und Wassercontainer in einem erlebnisreichen Fußmarsch von ca. 5 Minuten erreicht. Das Brauchwasser zum Geschirr spülen und Hände waschen kommt aus dem Brunnen vor der Küche.  Lustig wird’s ab -15°C, da frieren die bloßen Hände an der Zugkette an und die Gummihandschuhe müssen erst „zurechtgebogen“ werden.

Vom Base Camp Solberget aus mache ich Tagesausflüge, um mich ans Skifahren und Schneeschuhlaufen zu gewöhnen.

Außerdem möchte ich herausfinden, wie mein Körper bei Aktivitäten bei den Temperaturen angezogen werden möchte: 3 Schichten reichen, d.h. 1. lange Thermo-/Merinounterwäsche oben und unten, 2. Skihose mit Schneefang (ultrawichtig! Gamaschen halten auch Schnee vom Eindringen in den Schuhschaft ab) und Hybriddaunenjacke von Vaude oder dünnes Fleece oben, 3. Mammut-Goretex-Jacke als Windabweiser und Feuchtigkeitsschutz bei Stürzen (ja, Skifahren ist Neuland für mich LOL und macht – bis auf das Aufstehen im Tiefschnee – Megaspaß!). Besonders freue ich mich über die wirklich funktionierende Kleidung. Kein Schnee dringt ein, nirgends, auch bei ungewollten Purzelbäumen und sonstigen Ablegern dringt keine Nässe auf meine Haut durch. Als ich Kind war, war das anders…..

Lapplandlicht: Tages- und Polarlicht

Ein wahrhaftes Erlebnis ist das Tageslichtspektakel. Mal ist der Himmel rot, mal grün, mal blau. Und manchmal sieht man sogar ein Fitzerl Sonne! Die Bäume sind vielerorts vereist, eingeschneit, einfach weiß und tragen eine schwere (Schnee)last.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Tageslicht ist Mangelware. Ab 14 Uhr setzt die Dämmerung ein, ab 15 Uhr ist es stockduster. Die Stirnlampe sollte man zur Sicherheit immer am Mann haben. Nur bei Vollmond kann man so herumspazieren, Mond und Schnee spenden ausreichend Licht für das menschliche Auge. Beim Thema Licht darf das Polarlicht natürlich nicht fehlen. So bekam ich es am 24.12. zum 1. Mal zu sehen und nachdem ich die passenden Kameraeinstellungen gefunden hatte konnte ich diese Schnappschüsse für euch nach Hause bringen. Belichtungsdauer: 30 Sek., Blende: 3,5, Stativ.

Aktivwoche: Schneeschuhwandern mit Pulka

Nach einer Woche Akklimatisation hieß es: fertig machen für’s Aktivabenteuer. Ich fuhr in den Naturpark Vindelfjällen, wo ich mit dem Artic Mountain Team 1 Woche lang mit Schneeschuhen und Pulka (Lastschlitten) von Hütte zu Hütte wanderte. Der 1. Tag war der härteste: die Pulka mit vollen Lebensmittelvorräten am schwersten, anstrengende Bewegungen und ungewohnte Belastungen.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Naturschminke

Nach stundenlangem, fast schon meditativem, Stapfen durch unberührte verschneite Landschaft erreichten wir nach 16 km im Dunkeln die Bleibe für die 1. Nacht. Prompt wurde aufgetischt, damit sich die hungrigen ausgepowerten Körper stärken und aufwärmen konnten. A propos aufwärmen: wer nicht verfroren ist, kommt beim Pulka ziehen mit 2 Bekleidungsschichten aus, d.h. Thermounterwäsche und Softshelljacke o.Ä. Bei -20°C und kälter gefriert die Atemluft am Schal bzw. Kragen, Haare und Bärte werden weiß und in der Nase bitzelt die Kälte. Genial!!!

Wir schmolzen Schnee, um Wasser zu gewinnen. Unser Gefrierschrank ist die Natur. Obst und Gemüse kommen nicht auf den Tisch, jedenfalls nicht frisch. Für uns Tageslichtaktivisten war das Zeitfenster kurz, daher gab es viel Zeit auf den Hütten zum Quatschen, Schnee schmelzen und anderen zeitvertreibenden Tätigkeiten. Wer einsame Stille sucht, läuft 20 Schritte ins verschneite Nichts: weiße Weiten, unberührte Berglandschaften, Stille. Ohne Schneeschuhe sollte man allerdings nicht losziehen, da man einsinkt.

Zelten bei -20°C

Da ich mich gerne „bedacht“ an Neues herantaste, schlief ich eine Nacht bei ca. -20°C im Zelt, um zu erleben, wie das ist. Der Schlafsack ging bis -25°C. Grenzwertig für meine Füße und Gesicht. Ich verschleierte mein Gesicht mit meinem Inlet und lernte, dass Ausatemluft kondensiert (eigentlich logisch…). Außerdem musste ich feststellen, dass vakuumverpackte Wärmekissen keine spürbare Einrisskante in der Verpackung haben. In der Nacht hatte ich mir eine Verpackung geangelt und wollte mit fast steifen Fingern die wärmenden Kissen aus ihrer Verpackung befreien, doch es gelang mir nicht. Man lernt nie aus… Trotzdem geil !!

Mein persönliches Fazit

Mein Fazit: Die Arktis ist für mich eine sehr attraktive Alternative zu alpinen Hochtouren und im hiesigen Winter eine willkommene Abwechslung zu MTB-Camps in warmen Gefilden. Wer auf Tour geht ist gut beraten, Schnee lesen zu können und ein paar Survival Trainings in Eis und Schnee absolviert zu haben.