Auf dem Cami de Cavalls (GR223) einmal rund um Menorca – ein Reisebericht

7 Etappen – 220km – mit Sack und Pack – 2x feste Unterkunft, 4x Sternenhimmel

Auch bei einem gut ausgeschilderten Fernwanderweg wie dem GR223 zahlt sich gute Planung aus.

Allgemeines über den Cami de Cavalls (GR223) auf Menorca

Der Cami de Cavalls ist ein 190km langer Küstenwanderweg, der einmal rund um Menorca führt. Man kann jederzeit ein- und aussteigen. Müsste ich ihn charakterisieren, würde ich sagen: der Norden ist bergig, kraxelig, staubig, einsam – der Westen um Ciuitadella ist touristisch – der Süden ist bewaldet, hügelig, puristisch mit wunderschönen Stränden – der Osten rund um Mao ist touristisch, teerlastig, verbaut, doch schon bald puristisch und einsam. Der Untergrund ist abwechslungreich und macht den Cami zu einem anspruchsvollen (holprigen) Wanderweg: Pflastersteine, Steine unterschiedlichster Art, Schotter, Kies, Sand, Teer. Gute Planung ist meines Erachtens vorteilhaft, da 1.) es im Norden über mehrere Etappen hinweg keine Versorgungsmöglichkeiten (Trinkwasser) gibt und 2.) aussichtsreiche Schlafplätze gerade in der Saison begehrt sind. Fazit: hart und herrlich 🤩

Mein GR223-Abenteuer im Überblick

Ich bin den Cami gelaufen, um mich auf eine anspruchsvollere Wanderung im Sommer vorzubereiten und Ausrüstung zu testen. Das begründet die sportliche Aufteilung der Gesamtstrecke von 190km auf 7 Tage. Jedes Kilogramm zählt…als Training 😉

Etappe 1 – Mao bis Mongofra (29km)

Diese Etappe ist abwechslungsreich, gut besucht, und, wegen Sonntag, ohne 🚰Supermarkt.

Wenn man die ersten 7 Kilometer aus Mao raus auf Teer hinter sich gebracht hat, lockt schon der puristische Cami mit seinen spektakulären Blicken auf Meer und Strände. Der Weg verläuft an der Küste entlang, wellig, stellenweise steil und staubig.

Auf Höhe Es Grau taucht man in ein Naturreservat ein. Bei genauem Hinschauen entdeckt man Schildkröten. Es werden nicht die letzten sein, die man auf dem Cami sieht. Ein Abstecher nach Es Grau lohnt sich, wenn man sich versorgen will oder den langen Strand in Gesellschaft genießen möchte.

Ich trotte weiter in Richtung Leuchtturm von Favaritx, der gegen Abend Romantiker anlockt. Dann wird es ruhig auf dem Cami und ich wandere allein über Stock und Stein. Der Abschnitt ist günstig für ein Quartier mit Aus- und Überblick, doch ich peile ein 😴Biwak am Strand von Mongofra an, das ich vom Kajaken kenne.

Etappe 2 – Mongofra bis Cala Tirant (25km)

  • GR223_Etappe2
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Was für eine Etappe! So langsam komme ich auf den Geschmack. Der heutige Tag hat alles in petto: Touristrand, Urwald, Schildkröten, wandern auf dem Seitenstreifen einer viel befahrenen Straße, meine erste Strandquerung uvm. So ist der Cami de Cavalls, abwechslungsreich eben.

Beim letzten Supermarkt vor der Durststrecke treffe ich zwei fröhliche Niederländerinnen. Auch sie tanken 🚰, haben aber schon 17kg auf dem Rücken 😰. Auf die Frage „wofür“ antworten sie grinsend: „Holiday! Flamingo-Luftmatratze zum Baden und many clothes“ 🤣 Wir erzählen uns freudestrahlend, wie lang die letzte Dusche zurück liegt, wann das letzte T-Shirt gewaschen wurde und der beste Schlafplatz war.

Voll beladen durchwate ich meinen ersten Strand. Man muss mitten durch den Sand. Kurz darauf: steile, tiiiiiefe Holztreppen. Ich freue mich über meine Mountainbikerbeine, die mich zuverlässig hochdrücken. Mein Rücken fühlt sich gut an, trotz allem Ballast. Alles tut gut. Zur Feier des Tages finde ich „meinen“ Privatstrand und habe Zeit, ins kühle Nass zu hüpfen.

Etappe 3 – Cala Tirant bis Platges d’Algaiarens (24km)

Der Abschnitt ist hart und herrlich. Die Anstiege sind allgäutypisch – gerade nach oben – und geröllig rutschig abwärts. Es ist staubig, zum Glück 🙏 Den Wind spürt man permanent, die Sonne ebenso.

Zu meiner großen Verwunderung treffe ich auf Wandergruppen, richtige Horden. Es gibt zwei Zufahrten, über die Tageswanderer per Bus ab- und aufgeladen werden und so eine schwierige Etappe des Cami komfortabel bewältigen können. Gegen Ende erreiche ich einen Wald. Es wird flacher. Strände rücken näher und leiten die Quartiersuche ein.

Etappe 4 – Platges d’Algaiarens bis Ciuitadella (26km)

Ach ja, was für ein Tag 🙁 Mein Nachtquartier war sehr gut, der Start wie immer vor der Morgendämmerung, doch der Streckenabschnitt etwas mystisch, irgendwie verlassen. Die Ortschaft Cala Morell erscheint mir zur Vorsaison noch sehr verschlafen. Ich bin so früh dran und habe noch genügend 🚰 Trinkwasser an Bord, sodass ich weiterlaufe. Viele Kilometer sind heute zu absolvieren. Ich möchte „dranbleiben“.

Als ich die Regenwolken entdecke, suche ich die Landschaft nach Unterschlupfmöglichkeiten ab. Aber keine Chance! Null! Mondlandschaft. Also pack ich mich ein und stelle fest, dass nach 20 Minuten nicht nur der Weg schwimmt, sondern auch meine Füße in den Schuhen. ‚Grad egal‘, denk ich mir und wate durch’s Wasser, das den Wanderweg entlang rinnt.

Wenn ich den Cami noch einmal laufe, würde ich diesen Abschnitt skippen. Nicht, weil es nass war, sondern weil der Weg so unspannend, holprig, unrund zu laufen ist. Wie sagte eine Schweizerin heute: „Das kann man doch nicht Wanderweg nennen!“

Nach vier Tagen „Wildnis“ freue ich mich auf eine feste Unterkunft heute Abend mit Dusche 🚿, Strom 🔌 und Internet 📱. Im Umkreis von mindestens 10km vor und nach Ciuitadella gibt es meines Erachtens keine 😴 Biwakmöglichkeiten, da die Stadt ein breites, touristisch erschlossenes Band umspannt. Strände sind bewirtschaftet, Strandliegen kosten 18€ und Busse bringen jede Menge Tagesgäste.

Etappe 5 – Ciuitadella bis Cala Trebalúger (35km)

Voller Euphorie trete ich diese Monsteretappe an und bumpe in einen überladenen Backpack. Die portugiesische Hikerin ist gerade einmal 21 Jahre und erlitt im Norden auf der Bergetappe Wassermangel. Nun trägt sie immer 3l Flüssigkeit mit sich herum 😅 wer kann, der kann. Da erfreue ich mich an meinem leichten Gepäck, das nun bei ca. 8kg liegen dürfte.

Die Landschaft ist spektakulär, die Strände ein Traum. Zum ersten Mal sehe ich Mountainbiker auf dem Cami de Cavalls, wobei die Hälfte ihr Mietbike über die spitzen Steine schubsen. Wir laufen, schnaufen, quatschen, japsen, singen, schweigen, staunen und genießen – auch wenn es weh tut.

In einem Supermarkt in Cala Galdana tanken wir 🚰 Ich wippe zu den Klängen von Abba. Da stimmt meine portugiesische Bekanntschaft ein und „rockt“ mit. Sie läuft wie ein Pinguin, sage ich ihr. Das Personal schmunzelt über uns. Fix und fertig hauen wir uns vor dem Eingang auf den Boden und genießen den coolen Drink. zzzziischhhh Trekking fetzt, auch wenn die Füße glühen. Unsere Wege trennen sich leider bei Kilometer 25. Sie hat noch drei Tage Zeit bis Mao und ich muss dranbleiben, um übermorgen dort anzukommen.

In der vom Kajaken bekannten Bucht angekommen treffe ich auf „alte Bekannte“. Eine CZ Gruppe von sechs Mädels, die den Cami im Uhrzeigersinn in 2 Wochen hiken. Sie bieten mir einen Wein an (was die Leute alles mitschleppen 😅), doch ich lehne dankend ab, und hüpfe stattdessen noch ins kühle Nass 🌊 Dann schlüpf ich in meinen Schlafsack, ziehe Halskrause und Kapuze ordentlich zu, denn es scheint eine kalte Nacht zu werden.

Etappe 6 – Cala Trebalúger bis Es Canutells (29km)

Wieder ein strammer Tag. Der Countdown läuft. Übermorgen geht mein Flieger nach Hause. Falls alle Stricke reißen, könnte ich heute zum Airport „abbiegen“. Von Es Canutells bis zum Check-in-Schalter sind es laut Google Maps nur ca. 10km. Ein Katzensprung. Aber schauen wir mal, wie weit die Füße heute noch laufen können.

A propos Füße: die tun mittlerweile schneller weh. Wie weit würde ich gehen? Es geht um nichts, meine Gesundheit ist mir am Wichtigsten, daher laufe ich, solange ich keine offenen Wunden habe. Alles soll im 🍀🐞Rahmen bleiben. Mein Motto: Nichts muss, alles darf sein. Ich versuche heute, in Bewegung zu bleiben. Vielleicht tut das ja gut.

Die Etappe ist wieder abwechslungsreich! Es geht durch ein wunderschön angelegtes Biotop, stille Touristendörfer, die jetzt in der Vorsaison noch ruhen, vorbei an weiten, offenen Stränden und natürlich wieder über Stein und Stein und Stein und Stein und Stein…… Ich gönne mir ein Hotel, um meine Ausrüstung ordentlich trocknen zu können.

Etappe 7 – Es Canutells bis Mao (26km)

Gleich am Morgen treffe ich auf drei Iren, die den südlichen Cami in einer Woche laufen. Nächstes Jahr wollen sie die nördliche Loop absolvieren. Wir chatten fröhlich und tauschen Tipps aus.

Die Flugzeuge fliegen über meinen Kopf und erinnern mich an morgen. Meinen Füßen zuliebe freue ich mich auf das Ende und lasse mir Zeit. Im Gegensatz zu gestern baue ich heute immer wieder Pausen ein und darf feststellen, dass dies meinen Füßen besser gefällt. In Pausen wächst man, weiß die Birne schon längst, und bittet fortan den Gedanken ‚vorankommen zu wollen‘ beiseite. Mantrahaft erlaube ich mir ‚Nichts muss, alles darf sein‘ und sehne mich nach Erlösung für meine Füße. Der Rest genießt die letzten Kilometer, die letzten Steine, die brutzelnde Sonne und die zunehmende Zivilisation im Turtle🐢-Tempo.

Ich lasse den Cami de Cavalls Revue passieren und komme zu dem Schluss: hart und herrlich. Ich würde ihn tatsächlich noch einmal laufen, kürzere Etappen und ohne die superholprigen Abschnitte vor und nach Ciuitadella und Mao. Richtig schön war’s !

Weitere Ausrüstungs- und Reisetipps

Navigation

Ich hatte den offiziellen GPS-Track dabei (Link zur Webseite) und war anfangs sehr froh darüber, denn die Ausschilderung wechselt. In Ortschaften findet man die Farben rot-weiß an Straßenlaternen und Hochspannungspfeilern. Außerorts gibt es die Holzpfosten, die den GR223 in 20 Etappen unterteilen, und die schnuckeligen, quietschenden Holzgates. Mir ist aufgefallen, dass die Wegführung an wenigen Stellen vom Track abwich. Man kann getrost den Pfosten folgen und sollte nicht stur dem GPS-Track folgen.

Verpflegung 🚰

Es gibt Streckenabschnitte, die fernab von Versorgungsstellen liegen. Das macht den GR223 zu einem anspruchsvollen Unterfangen. Im Norden gibt es in Fornells den letzten Supermarkt. Wenn er auf hat, sollte man sich für die nächsten Tage mit Trinkwasser eindecken. In meinem Fall waren es 6 Liter (1.5l Reserve, d.h. zum Training). Wenn man Glück oder eine feste Unterkunft in Cala Morell hat, kann man dort auffüllen. Andernfalls findet man in Ciuitadella die nächste Trinkwasserstelle. Bedeutet: Schweres Gepäck im Norden, wo auch die Bergetappen sind.

Essenstechnisch habe ich auf Trockenfutter gesetzt, um verschiedene Anbieter für die Sommertour zu testen. Rückblickend kann ich Kocher, Windschutz und Tüte sehr empfehlen. Aufgrund der Wasserknappheit braucht man sich ums Abspülen keine Gedanken machen und für die leere Futtertüte stehen alle paar Kilometer Mülltonnen.

Mir hat diese kleine Gasflasche für 7x ca. 500ml Wasser kochen gereicht. Am Ende war sie noch zu 50-60% voll. Beim Decathlon in Flughafennähe habe ich allerdings – in der Vorsaison – die vorletzte Kartusche erwischt. In der Saison lohnt es sich vielleicht anzurufen und um Reservierung zu bitten.

Übernachtung

Es gibt geführte Kajaktouren um die Insel herum, bei denen man am Strand biwakiert. Das sieht dann so aus. Dadurch kam ich auf die Idee, selbiges zu tun. Im Dialog mit Einheimischen, Touristeninformation und Kajakanbietern habe ich immer dieselben Antworten erhalten: Biwak/Hängematte JA, Zelt NEIN.

Biwak am Strand

Schuhe

Ich hatte zwei Paar dabei

  • 1 Paar Scarpa-Halbschuhe mit eher fester Sohle, 8 Jahre alt
  • 1 Paar ultraleichte Barfussschuhe mit Vibram-Sohle für Flussquerungen, Campschuhe und zum Kajaken in der Woche davor

Je nach Jahreszeit kann es sehr heiß werden. Dies sollte man bei der Schuhwahl bedenken, indem man seinem Fuß ausreichend Platz zum Ausdehnen bietet. Ein atmungsaktiver, vielleicht sogar luftiger, Laufschuh kann für manche die richtige Wahl sein. Wer schnell umknickt, sollte einen knöchelhohen Schuh wählen. Ich laufe gern auf harter Sohle und würde dem Steinteppich beim nächsten Mal eine noch härtere Sohle wählen. Die Barfussschuhe hatte ich trotz zahlreicher Überlegungen und Schmerzen nie außerhalb geteerter Bereiche an, weil die weichere Sohle noch mehr Druck an die empfindlichen Fußsohlen weitergegeben hätte.

Mülltüte

Es gibt zwar zahlreiche Mülltonnen auf der Strecke, doch selten dort, wo man kocht und isst. Eine kleine Tüte ist daher ratsam.

WC

An manchen Stränden und Parkplätzen stehen WC-Häuschen. Bei meinen Stichproben waren sie gepflegt und in Ordnung. Allerdings musste ich feststellen, dass sie wandern. Den Streckenabschnitt Es Castell bis Mao bin ich zweimal gelaufen, wobei das WC beim 2. Mal, eine Woche später, nicht mehr dort stand.

Eine kleine, leichte Schaufel wollte demnach in keinem Wanderrucksack fehlen.

Mücken

Ja, es gibt sie, und ja, sie mögen mich. Doch mangels Duschmöglichkeiten habe ich auf Mückenspray verzichtet und mich stattdessen im Biwak mit langen Klamotten und Kopfnetz geschützt.

Zecken

Diese Biester sind eine bekannte Gefahr und lauern im Gebüsch. Vorsicht!

Wie rum?

Im oder gegen den Uhrzeigersinn? Das kommt drauf an 😉 Ich bin gegen den Uhrzeigersinn gelaufen, um ab Halbzeit, falls die Zeit knapp wird 🛫 oder das Fleisch schwach 🥴, auf häufigere Bushaltestellen zurückgreifen zu können. Den Busnetzplan kann man sich aus dem Internet herunterladen.

Nachmachen!

Ansonsten kann ich nur empfehlen, den GR223 auf Menorca zu laufen. Ganz gleich ob als einwöchige Sportreise oder mehrwöchige Wanderreise, mit oder ohne feste Unterkunft – er bietet Abwechslung, Ausblicke und Herausforderungen. Viel Spaß beim Wandern 😎