Radabenteuer Neuseeland Südinsel

30 Tage, 28 Etappen, 1630 km, 29er Hardtail Specialized Rockhopper Expert, 20 Gänge Shimano Deore, 14 kg Gepäck ohne Verpflegung

Werbung/Nennungen – zur Sicherheit, da manchmal Produkttipps und Marken genannt werden.

Vorbereitungen

Das Bike ist da, Angst, Sorgen und Zweifel ebenso. Die zimmerhohe Landkarte im Bike Shop war Furcht einflößend. Ich versuche mich mit rationalen Argumenten zu beruhigen. Spiritus für meinen Kocher nach langer Sucherei gefunden, Feuerzeug auch, nachdem ich erfragt hatte, dass es dies nur an der Kasse auf Nachfrage gibt, Zelt ist durch den Zoll gekommen, mein Mini-Salzstreuer von Opa durfte trotz strenger Einfuhrregelungen für Nahrungsmittel passieren, Verpflegung für die ersten Tage, für deren Zubereitung ich lediglich Wasser brauche, habe ich. Nur die Sonne könnte mal scheinen, damit ich Strom erzeugen und Wäsche waschen kann.

Morgen geht’s los. Erstmal raus aus der Stadt, Orientierung erlangen, Erfolgserlebnisse sammeln, Selbstvertrauen aufbauen und einen Rhythmus finden.

Etappe Christchurch – Glentunnel

59,4km, Teerstraße, 264 Hm // Unterkunft: Chch Backpacker Hostel, Glentunnel Holiday Park (ausgeschildert, links runter vom State Highway (SH))

Eins steht jetzt schon fest: Nur bei Sonnenschein gibt es Posts. Strom gibt’s nicht jeden Tag.

Wäschetrockner auf dem Lenker, Zelt unter’m Lenker. Solarpanel über den Satteltaschen. Küche/Nahrung links, Schlafzimmer/Bad/Ankleide rechts.

Mein Bike ist klasse. Ich kann es zwar kaum heben, verschieben und aufsteigen geht sicherlich eleganter, aber hey who cares. Ich nenne es liebevoll „mein Truck“.

Die Wäsche hängt zum Trocknen überm Lenker, im Heck wird Strom produziert. Langsam gefällt es mir, was ich hier tue.

Sonne, Höhenmeter und Gegenwind

Unter anderen Bedingungen würde mein Herzl höher schlagen, doch jeder Höhenmeter möchte tapfer erkämpft werden, der Gegenwind mit einem Lächeln entkräftet und der brütenden Sonne gestrotzt.

Etappe Glentunnel – Mount Somers

60,2 km, 474 Hm, Teerstraße // Unterkunft: Glentunnel Holiday Park, Mount Somers Holiday Park (rechts weg vom SH, ausgeschildert)

Da ich vermutlich infolge des jet lags nachts immer noch Hunger bekomme, so sehr, dass ich aufwache, war auch letzte Nacht kurz. Der Morgen zeigte sich wieder kühl und grau, klärte aber nach einer Stunde Fahrt auf. Landschaftlich war heute einiges geboten, schaut selber:

Und jetzt bin ich gefühlt im Himmel angekommen. Der Holiday Park in Mount Somers bietet gratis Warmwasserduschen, Wasserkocher, Herdplatten – huuaaaaaa da flipp ich aus.

100m südlich neben dem Holiday Park gibt es einen unbemannten Campingplatz. Dieser ist ein paar Dollar günstiger. Für den Aufschlag habe ich den sauberen, besser ausgestatteten HP bevorzugt.

Strom und Wasser konnte ich heute selbst herstellen, so dass ich autark durch den Tag gekommen bin. Das find ich cool. Morgen fahre ich in eine Stadt, Geraldine, wo ich meine Futterkammer füllen werde.

Etappe Mount Somers – Geraldine

48,7 km, 380 Hm, Teerstraße // Unterkunft: Mt. Somers Holiday Park, Geraldine Holiday Park (ausgeschildert, zentral)

Der Morgen ist verregnet. Zum ersten Mal kann ich meine Regenbekleidung anlegen – jippie !

Die Fahrt ist einsam, arm an Kurven und reich an Wind.

Angekommen in Geraldine stelle ich fest: einsame Straßen, geschlossene Shops, dunkle Schaufenster. Wo sind die Menschen??? Ich suche den (einzigen) Supermarkt und decke mich für die kommenden Etappen ein.

Etappe Geraldine – Lake Opuha

62,1 km, 439 km, 70% Teerstraße, 30% Schotterweg // Unterkunft: Geraldine Holiday Park, Lake Opuha DOC (nahe dem HP in Fairlie gibt es eine Brücke (ca. 200m), von der ein Schotterweg nördlich am Alpenrand weggeht; diesen bis zum Monument fahren (ca. 3km), am Monument links und nach der Rechtskurve (ca. 1km) links hinter (ca. 300m))

Nach einer verdammt stürmischen Nacht wäre mein Zelt heute beinahe davongeschwommen. Ich habe gelernt, immer die Leinen anzulegen. Hier regnet es nicht nur ein bisschen. Der Campingplatzbetreiber wunderte sich, dass ich von dem Getose nicht wach wurde. Hab wohl mittlerweile einen guten Schlaf erlangt.

Schall und Rauch?

Manchmal kommen Fragen hoch, warum ich mir das antue: Bei Wind und Wetter biken, zelten, 5 Wochen lang 2 Outfits abwechselnd tragen… Das kann ich auch anderswo. Ich habe mir das Ganze anders vorgestellt und die angebliche Schönheit Neuseelands noch nicht entdeckt.

Aber das Biken mit meinem Truck macht Spaß.

PS. Sollte hier mal urplötzlich Funkstille herrschen, ist mein Handy bei einer dieser waghalsigen Fotoaktionen in den Fluss geblasen, von der Brücke geweht, überfahren worden, oder ich, oder beide, oder es regnet mal wieder und ich habe keinen Strom. So in der Reihenfolge der Wahrscheinlichkeit.

Von der Übernachtungsmöglichkeit am Lake Opuha habe ich in der iSite (Touristeninformation) erfahren. Schnuckelig hier. Und sehr kalt.

Etappe Lake Opuha – Lake Tekapo

50,2 km, 750 Hm // Unterkunft: Lake Opuha DOC, Lake Tekapo Holiday Park (am See, südlich fahrend nahe Ortsausgang rechts runter, ausgeschildert)

Heute gab es Kurven und Höhenmeter. Ich komme gut in meinem Trott und genieße das Strampeln.

Statt immer zu kochen probiere ich mal Trockenfutter aus, d.h. 3 Tage lang Früchtebrot mit Schwarzbeermarmelade.

Das Marmeladenglas und die neuen 500g Nudelspiralen ziehen an meinen Beinen. Ich spare Gewicht beim Wasser. Als ich durstig werde, bin ich froh über diesen Friedhof, der mich mit herrlichem Wasser für Totgeweihte versorgte. Hmmmmmmmm, Dankeschön.

Eigentlich jeder (aktive) Friedhof ist eine zuverlässige Wasserquelle.

Am Lake Tekapo lege ich einen Ruhetag ein. Das Gute daran ist, ich kann meinen Gaumen mit was anderem als Pasta oder Marmeladenbrot verwöhnen. Hier mal ein Einblick: Salat Mix $6, 6 Eier $3, Tomaten $5, Joghurt $3 (jeweils immer das billigste Produkt).

Der Holiday Park ist auf Massendurchsatz aus. Mein Stellplatz ist alles andere als idyllisch. Ich drücke die Heringe so sehr es geht in den Zement… Bin mal gespannt, ob das dem Sturm standhält.

Leider hocke ich im Funkloch. Also habt ihr mal ein wenig Ruhe vor mir.

Redewendungen neuseeländischen Ursprungs

Im Laufe des Tages fallen mir immer wieder Redewendungen ein, die ihren Ursprung in Neuseeland haben müssen.

Mir fällt das Dach auf den Kopf.

So ging es mir in der stürmischen Nacht, als mir der Wind mein Zeltdach auf den Kopf drückte.

Hinter die Ohren schreiben.

…bzw. schmieren. Biker sollten sich die Sonnencreme fett hinter die Ohren schmieren. Hab ich nicht mal bei meinen Wüstenbefahrungen gemacht, aber hier tut das weh…

Mountainbike.

Beim Auf- und Absteigen auf mein voll beladenes MTB wird mir klar, dass ein Mountainbike erklommen (to mount) werden möchte…

Neuseeland ist was für…

… angehende Tiermediziner. Hier liegt so viel totes Getier am Wegesrand, das Opfer vom temperamentvollen neuseeländischen Jagdverhalten auf 4 Rädern wurde. Mir lassen die Autofahrer großzügige 1 cm Sicherheitsabstand, wenn sie mich mit 100 Sachen oder mehr überholen.

Etappe Lake Tekapo nach Lake Poaka (Twizel)

53,8 km, 757 Hm // Unterkunft: Lake Tekapo Holiday Park, Lake Poaka DOC

Es sollte eigentlich eine leichte Etappe werden. Doch es wie die bislang härteste. Die heutige Etappe stand ganz im Zeichen von Wind, Wut und wandern.

Ich hatte mich eigentlich auf den Alps2Ocean, einem ausgeschilderten Mehrtagesradweg, gefreut. Doch nachdem ich für die ersten 12km im autofreien Kanal 2 Stunden benötigte und dann noch ein Gewitter zielgerichtet auf mich zukam, setzte ich meine Fahrt auf der Straße fort. Dort konnte ich zumindest fahren. Auf Schotter konnte ich meist nicht fahren, da mein Vorderrad beim Ausbalancieren wegrutschte. Also schob ich viel und konnte beobachten, wie der verfluchte Wind mein vollbepacktes Hinterrad seitlich um 5 cm versetzte. Probiert das mal aus!! 14kg aufs Radl packen und Seitenwind anstellen. Unfassbar..

Die Windstärken gebe ich jetzt nur noch in Kettenblatt oder Fuß an. Heute war es Windstärke 2-Füße…. Die haben mich wenigstens voran gebracht.

Dafür darf ich heute Abend ganz allein im nirgendwo campen. Im Hintergrund dürften das die schneebedeckten Ausläufer des Mt. Cook sein.

Etappe Lake Poaka nach Omarama

42,5 km, 520 Hm, 80% Teerstraße, 20% Kiesweg // Unterkunft: Lake Poaka DOC, Ahuriri River DOC (südlich fahrend ca. 3km vor Ortseingang Omarama rechts gut sichtbar ODER der Alps2Ocean führt am DOC vorbei)

Die gestrige Etappe hat meinen Körper wohl nachhaltig geschlaucht. Trotz einer Einladung zum Lagerfeuer hat mich dieses nie gesehen. Und heute morgen mit großen Augen aufgewacht: 9:25!!!! Mit Abstand der späteste Morgen, aber hey, Zeit doesn’t matter, jetzt grad zumindest nicht. Also genoss ich das morgendliche Panorama und packte langsam zusammen.

Wegen des anhaltenden starken Windes, der mit 30km/h heute NICHT MAL halb so stark wie gestern tobte, entschloss ich mich leider gegen den Alps2Ocean, und nahm den State Highway. Noch ein kurzer Service Stopp in Twizel, wo ich in einem Bike Shop den Reifenluftdruck (40 psi) überprüfen konnte, ging es in den Kampf, Wind contra Truck 😉 auf dem SH8. Schon im 14.30 kam ich an diesem DOC an und konnte nicht widerstehen. Sucht meinen Palast!

There I am, Hütte steht (links am Uferrand).

Den Tag im schnuckeligen stilvollen Omarama habe ich genutzt, mal was Gehaltvolles zu essen und die Freizeit zu genießen. Soviel gibt’s hier für $8, in Wanaka muss man dafür das Doppelte löhnen.

Etappe Omarama – Lindis Pass

67,9km, 961 Hm, 95% Teerstraße, 5% Kiesweg // Unterkunft: Ahuriri River DOC, Lindis Pass DOC (bekannt als Lindis Pass Hotel, nicht ausgeschildert, in der Old Faithfull Rd. rechts ab am Lindis Pass)

Alpenüberquerung Teil 1: Ich bin fast an meinem südlichen Punkt der Tour angekommen. Zeit über die Alpen zu hüpfen. Ich nutze zuerst den Lindis Pass, dann den Haast Pass, um von der Ost- an die Westküste Neuseelands zu gelangen.

Immer wieder sprechen mich Biker an, oft ehem. Biker. Das freut mich sehr! So bekam ich den Tipp, dass auch der Wind manchmal schläft und sich ein früher Start lohnt. Zudem umgeht man dann die Mittagshitze. Also stelle ich kurzerhand den Urlaubswecker auf 5.00 Uhr und lege mir Power-Porridge für den Morgen bereit.

Das ganze Trauerspiel soll 25 km dauern, wobei die ersten 20 km nahezu eben verlaufen. Ich ahne Schlimmes. Auf jeden Fall ist es ziemlich ruhig auf den Straßen. Dann war es endlich soweit: Höhenmeter!!! Dank aufsteigendem Abenteuergeist waren die schnell weggekurbelt, die Aussicht auf 925 Meter genossen und der Downhill in gewohnt jodelnder Manier absolviert. 2.5h raufkurbeln contra 40 Minuten bergab zzgl. 30 Minuten Schnatterpause einem deutschen Tourenradler auf einem welterfahrenen Cube mit Felgenbremsen. Als er mir von 3 Tagen ununterbrochenem Regen an der Westküste erzählte, sagte ich ihm, dass er noch 2h bergauf zu treten hätte.

Gegen Mittag machte sich das fehlende Frühstück bemerkbar. Also war nun der Power-Porridge fällig. Nach einem Power Nap ging es weiter bis zu diesem mystisch einsamen DOC direkt an einem Fluss, in dem ich seit 4…5..?? Tagen eine Dusche genoss.

Der Tag war noch jung und ein MTB Track war ausgeschildert. Wenn ich an diesem gewusst hätte, dass ich 3h später erst wieder zurückkomme, hätte ich den Nachmittag anders verbracht. Also nahm ich meine Beine in die Hand und erklomm in 2h den Berg, um Euch diese Bilder mitzubringen.

Zurück bei den Ruinen stellte ich erfreut fest, dass ich Mitcamper bekommen habe. Schön!
Wegen der supernervigen Sandfliegen ging es schon 19.30 Uhr in die Federn. Zufrieden über die heutige Etappe mit 68 km in 5 Stunden inkl. Pausen schlief ich ein. Fahrtechnisch war heute einiges geboten.

Etappe Lindis Pass – Wanaka

52 km, 499 Hm, Teerstraße // Unterkunft: Wanaka Holiday Park (zentral gelegen)

Die Überschrift könnte genauso lauten: Wind, Wut und Wanaka. Mit leicht ausgehungerten Beinen trat ich diese Etappe an. Futtermangel zerrte zudem an meinem Durchhaltevermögen. Und dann noch der 2-Fuß-Wind ! Ich dachte mir, auf Teerstraße kann ich ihm begegnen. Im kleinsten Gang, herumeiernd, strampelte ich ihm entgegen. Doch das war der Killer. Zwei Stunden lang kämpfte ich unermüdlich gegen den 2-Fuß-Wind an. Es war gefährlich, schließlich drohte ich in der Seitentür eines überholenden Fahrzeugs zu landen. Total entkräftet und wackelig wankend traf ich nach 6 Stunden in Wanaka ein.

Viele Ortschaften, die in Landkarten vorkommen, bestehen nur aus ein paar ganz wenigen Häusern, oftmals ohne Einkaufsmöglichkeiten für Nahrungsmittel. So richtige Städte scheint es hier nicht viele zu geben (Christchurch, Wanaka, Freymouth, Queenstown, Westport, Nelson).

Ruhetag in Wanaka

Zum Glück schreibe ich Mails mit den Fingern und nicht mit den Füßen. Da würde hier nichts stehen. Heute ist Wellnesstag 🙂 Wie für mich gemacht gibt es Massagen für Bike-Opfer. Das heißt therapeutische Massagen, bei der die schmerzende Muskulatur durchgeknetet wird. Ich weiß gar nicht, was mich mehr anspannt, die Kälte oder der Wind.

Statt Ganztageswanderungen, Wassersport, Bike Park oder anderen Fun Aktivitäten, die eh keiner tun will, tanke ich Treibstoff. Nach einem übersichtlichen Frühstück für $18 gab es ein 2. Frühstück ausm Supermarkt und wenige Stunden später diese Spinat-Feta-Walnüsse-Pizza für $18 von einem Straßenverkäufer. Sie war beinahe so groß wie mein Vorderrad und meeeegaaaaa lecker. Jetzt bin ich erstmal satt.

Ohne Witz: Aus Angst vor der Brutalität des 2-Fuß-Winds bin ich bereit, die Alpenüberquerung mit dem Bus zu machen. Nur leider erreiche ich heute niemanden mehr.

Etappe Wanaka – Cameron Flat

76,6 km, 456 Hm, Teerstraße // Unterkunft: Cameron Flat DOC (gut sichtbar vom SH, kurz hinter den ausgeschriebenen Blue Pools)

5:40 Uhr. Ausnahmsweise drückt mir der Wind nicht das Dach auf die Nase. Es herrscht Windstille. Was ist da los? Neuseeland kaputt? Ich breche mein Zelt ab und düse los! Motto des Tages: Strampel so weit du kannst, bis ein Körperteil streikt.

An der Passstrasse schlägt der Wind wieder zu, ein Kettenblatt stark. Ich erinnere mich an die Worte der Massagefrau: RELAX! Also versuche ich mich zu entspannen, während der Wind mich rechts und links auspeitscht und in die Mitte der verengten Passstraße drückt.

Nach ca. 80 km schreien Augen und Kopf STOOOPP! Warum? Darum.

Ein kleiner Spaziergang durch den spooky Regenwald bringt mich zu den Blue Pools, wo ich meine Waden abkühle.

Wegen der super nervigen Sandfliegen, des sog. Drakulas der Westküste, verschwinde ich zeitig im Zelt.

Etappe Cameron Flat – Haast

68,4 km, 565 Hm, Teerstraße // Unterkunft: Backpacker's Unterkunft im Haast Motel (ausgeschildert)

Der Verkehr nimmt ab. Der Wind auch. Es wird kühler und es riecht frisch. Bald schon regnet es ununterbrochen. Ich glaube, ich bin an der Westküste angekommen.

Ich versuche eine Aufbaustrategie für mein Zelt zu finden, bei der das Innenzelt, das zuerst stehen muss, trocken bleibt. Mir fällt nichts ein… Also ab in ein Motel.

Dort habe ich Glück und lande in einem 4er Zimmer mit einer deutschen Bikerin, die mit einem KTM Cross Rad unterwegs ist, in andere Richtung. Mit ihr verabrede ich mich zum biken im Allgäu. In der Nacht prasseln der Regen und der Wind auf das Wellblechdach.

Etappe Haast – Fox Glacier

122 km, 192 Hm, Teerstraße // Unterkunft: Fox Glacier Holiday Park (ausgeschildert)

Strahlender Sonnenschein, blauer Himmel. Über Nacht hat der Himmel sich ergossen. Nun ist er leer. 8:44 Uhr setze ich mich in den Sattel. Immer wieder grüßen vorbei fahrende Autos, feuern mich an, zeigen mir einen dicken starken Daumen hoch. Das freut mich. Danke!

Da ich den Sandfliegen so gut schmecke, gilt heute die Devise: In Bewegung bleiben. Ich drossel mein Tempo um ca. 2 km/h und fahre so langsam, dass ich noch lautstark zu meiner Musik im Ohr trällern kann.

Es macht mir Spaß. Rechts und links gibt’s was zu gucken: Grün hier, grün dort, einspurige Brücken, Creeks, Flüsslein, usw. Bereits im 12.30 Uhr habe ich mein angepeiltes Ziel erreicht und weil ich voll im Flow bin reite ich einfach weiter.

Noch kurz was essen. Die Bordküche bietet Toastbrot mit Käsescheibletten.
15 Uhr plötzlich ein Kräfteeinbruch. Die Bordküche öffnet sich noch einmal. Diesmal: Toast mit Käse.

Ich muss noch bis 17 Uhr strampeln, denn erst dann komme ich in eine Siedlung, Fox Glacier, mein Etappenziel eigentlich für morgen.

Am Berg ertönen die Balladen, für die man einen besonders langen Atem benötigt. Mir egal, ich kann sie auch japsend singen. Auf die letzten Kilometer helfen nur noch tiefe Bässe, kraftvolles Gitarrengeschrabbel und kreischende Stimmen, um mich in mein Ziel zu rocken. Kurz vor Ortseingang macht der Akku vom mp3-Player zum Schutz der Einwohner schlapp.

Superglücklich lasse ich diese megatolle Etappe ausklingen. Zur Belohnung gibt’s getoastetes Toast mit zart schmelzendem Käse. Es ist schön, wieder im Zelt schlafen zu können. Heute Abend gehe ich noch Glühwürmchen glotzen. Im superdunklen spooky Regenwald hab ich meine Stirnlampe ausgeknipst und … der Wald leuchtete. Wahnsinnig cool.

Etappe Fox Glacier – Okarito

51,4 km, 416 Hm, Teerstraße // Unterkunft: Okarito Camp Ground (der Hauptstraße folgend, rechts halten nach Linkskurve am Ortseingang)

Erst um 11 Uhr geht es los. Drei Berge wollen erklommen werden. Ich erhalte eine „Mitziehgelegenheit“, mich an ein Auto zu klammern. Wenn ich das getan hätte, wäre mein Arm jetzt so lang wie die Westküste.

Die letzten 13 km sind ein Abstecher links weg vom Highway, Richtung Meer. Es wird einsam. Und dann lande ich in Okarito, wo ich ganz schnell entscheide meinem Hintern eine Pause zu bescheren. Zeit zum Kayaken und Haushalt ordnen.

Ruhetag in Okarito

Mein Weihnachtsnest. Hier soll es sein. Mein Haus. Mein Bike. Mein Boot. Mein Strand.

Vicki und Greg, beides Auckland-Flüchtlinge, suchen ein neues, ruhiges und idyllisches Zuhause auf der Südinsel und reisen bislang mit ihrem Camper umher. Sie verwöhnen mich mit Power Food und schenken mir ein 2 Gramm leichtes Neuseeland-Andenken. Wie genial !

Etappe Okarito – Lake Ianthe

70,1 km, 193 Hm, Teerstraße // Unterkunft: Lake Ianthe DOC (ausgeschildert)

8.30 Uhr Start. 8.31 Uhr 1. Kaffeestopp bei Nachbars Vicky & Greg. Für Neuseeländer ist heute Weihnachten, alles ist ruhig. Einige Camper tischen auf, mehr Futter als ich Gepäck hab. Ich erwarte wenig Verkehr und kurbel los. Angetrieben von 400g Pumpernickel, die ich bei meinem letzten Supermarktstopp in Fox alias Bavarian Bread für $7 gekauft habe. Beilage entfällt mangels Haltbarkeit und Gewicht.

Weihnachtsessen on the road. I like!

Am Abend bereite ich mich etwas Trinkwasser für einen französischen Radabenteurer auf. Und als der Kocher meiner schweizer Nachbarn in Flammen aufgeht, leihe ich meinen aus. So ist Action geboten im einsamen Nirgendwo. Wir haben eine schöne Zeit.

Etappe Lake Ianthe – Hokitika

53,9 km, 96 Hm, 50% Teerstraße, 30% Kiesweg, 20% Waldweg // Unterkunft: Hokitika warmshowers Privatunterkunft

Der Tag beginnt mit einem gemeinsamen Frühstück mit Nachbars. Die verwenden Schlagsahne als Milchersatz – clever.

Ich erlaube mir einen späten Start, da mich heute nur 60km erwarten und ich Energie sparen muss. Wehmütig rationiere ich die Scheiben: 2 Mittag, 2 am Nachmittag solange ich auf dem Bike sitze, 1 am Abend um nicht hungrig zu werden in der Nacht, die letzte gibt’s morgen früh. Wenn die Shops morgen noch im Weihnachtsurlaub sind, muss ich wohl höhere Gewalt anwenden.

Ab Ross probiere ich den West Coast Wilderness Trail, wieder ein ausgeschriebener MTB-Trail. Ich vergewissere mich bei australischen Bikern, dass der fahrbar ist für Gefährte wie meins, während die 2 grad knallhart neuseeländische Gastfreundschaft erfahren müssen. Wir tauschen uns aus und witzeln. Der Rest der Etappe ist der Hammer!!!

Ich genieße vor allem die Waldwege und die Brücken, die ohne Geländer durch Sumpfgebiete führen. Was für ein Spaß.

Etappe Hokitika – Lake Kaniere

23 km, 159 Hm, 100% Wald-/Schotterwege // Unterkunft: Lake Kaniere DOC (West Coast Trail verlassen, Ausschilderung für Campingplatz folgen)

Meine Routenplanung sagt mir, ich habe 1 Tag Zeit. Also plane ich für heute eine Monsteretappe von 23 km. Vorher decke ich mich ordentlich mit Futter ein! Hab ja dazu gelernt.

In einem Bike Shop nochmal Luft prüfen und plötzlich klopft mir jemand auf den Rucksack. Ein fröhliches Wiedersehen mit meiner Okarito-Bekanntschaft Vicki & Greg!! Wir gehen Kaffee trinken, Pie essen und schnacken.

Als der Regen nachzulassen scheint, starte ich. Die Tropfen, die von meinem Gesicht in meinen Mund laufen, schmecken salzig. Mein Körper scheint gefordert zu sein. Seit Wochen ist mir nach Salz. Meine 25 Gramm haben gerade mal die erste Woche gehalten. Leider ist die kleinste verkaufte Salzmenge 100 Gramm.

Die Etappe ist wunderschön, nur gibt es wenige Beweisfotos wegen des anhaltend starken Regens.

Etappe Lake Kaniere – Greymouth

ca. 75 km, ca. 159 Hm, 97% Wald- und Schotterweg, 3% Teerstraße // Unterkunft: Greymouth Holiday Park

Gestern Abend hat mich eine polnische Radabenteurerin, Anna, angesprochen. Sie fährt heute ihre letzte Etappe, nach Greymouth, und von dort mit dem TranzAlpine über die Alpen an die Ostseite. Während sie so erzählt fällt mir ein, dass ich einen meiner Zeitlimitpunkte passiere. Wenn ich bis zum 2.1. nicht hier gewesen wäre, hätte auch ich den Zug nehmen müssen.

Wir starten gemeinsam und genießen wieder den wunderschönen West Coast Wilderness Trail. Plötzlich sind wir im Allgäu von Neuseeland. Zwischen Kühen schrauben wir uns einen Berg hinauf. Dann geht es plötzlich in den Regenwald. Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich. Kein Kaffeestopp wird ausgelassen. Anna fährt ein Spezialized Sirrus, 3 x 7, Front- und Heckpacktaschen, mit dem sie sehr zufrieden ist.

Als wir 16 Uhr in Kumara einfahren finde ich heraus, dass es noch drei Stunden unausgeschilderte Schotterpiste bis zu meinem anvisierten Ziel Lake Brunner sind. Ich kneife. Stattdessen begleite ich Anna nun bis nach Greymouth.

Dort arbeite ich neue Routen heraus und löse mich von der bisherigen Planung. Warum? Ich bin zu schnell und von der nördlichen Alpenüberquerung über den Lewis Pass wurde mir nun so oft abgeraten (wegen Umleitung des Hauptverkehrs infolge von Straßensperrungen nach dem Erdbeben), dass ich Alternativen suche. Der Plan steht: Entscheidung morgen früh je nach Wetterlage.

Etappe Greymouth – Charleston

77,1 km, 204 Hm, 100% Teerstraße // Unterkunft: Charleston Camp Site (am Ortseingang gleich rechts)

Es tröpfelt. Plan C denke ich mir und bleibe liegen. Irgendwann stehe ich auf, schaue in den voll bewölkten Himmel und denke: ‚Hmmm, Plan C halt. Eine weitere Nacht in Greymouth.‘ Als ich aus der Dusche komme sehe ich blauen Himmel. ‚Plan A!!!‘ freue ich mich. Doch Plan A hat 2 Haken: 1. ich muss heute ca. 80 km ritzeln und 2. ich muss 2 x im Januar einen Bus nehmen, mit Bike. Das schaffe ich! Ich baue mein Haus ab, düse zur iSite, buche ein Höhlenrafting für morgen und den 1. Bus von Westport nach Nelson am 2.1. Um 11 Uhr radel ich los, ziemlich begeistert.

Der West Coast Radweg endet in Greymouth. Somit darf ich mich wieder ins rege Treiben auf der Straße begeben. Hatte ganz vergessen, wie es sich anfühlt, vom Sog der Überholenden mitgerissen zu werden.
Um 14 Uhr denke ich an Anna, die in den Zug steigt. Tauschen? No way!!!

Die Stimmung an Bord ist fabelhaft und lässt mich an mein heutiges Etappenziel glauben. Die Strecke ist überwältigend!!!! Unbeschreiblich Hammer. Zum Ausflippen crazy.

Die ersten 43 km sind in nur 2 Stunden weggekurbelt, trotz etlicher Fotostopps. Ich habe mittlerweile einen ausgeprägten Blick für Futter. An den Pancakes stärke ich mich mit einem Sandwich, den ich mit zusätzlichem Salz anreicher – yeeeaaahhh. Ich freue mich wie ein Schafhirte und trete kraftvoll singend weiter. Downhill an den Serpentinen reihe ich mich in die Autoschlange ein, die genauso schnell ist wie ich und schwimme von Kurve zu Kurve mit, was für ein Gaudi !!!

Auf den letzten 20 km kommen die meisten Höhenmeter. Ich hatte mir das Höhenprofil nicht angeschaut. Egal. Es wird ruhiger an Bord, doch an Aufgeben nicht zu denken. Ich will nach Charleston. Das Anfeuern von Passanten stärkt mich.

Gegen Abend fahre ich schluchzend und überglücklich in Charleston ein. Die Frau an der Rezeption meint, ich sähe fit aus. Nun ja… Ich freue mich über eine Waschmaschine, die ich sogleich bemühe. Es ist meine 1. Maschinenwäsche seit Beginn – pfui…ich weiß. So können meine Klamotten am morgigen Ruhetag trocknen. Der frische Duft beflügelt mich und macht mich noch glücklicher!

Um 21 Uhr liege ich in den Federn. Andere Biker auch. Dafür stehe ich mit der Sonne auf.

Ruhetag Charleston

Heute ist Angebertag. Ich ziehe ein wohlduftendes Shirt an und laufe zum UndergroundWorld.

Mit einem riesigen Reifen treibe ich durch eine Höhle, gehe Glühwürmchen besuchen und stürze mich den Fluss hinab. Wahnsinn! Zum 1. Mal sehe ich Glühwürmchen zum Anfassen nah! Irre. Dann hauen wir uns in unsere Reifen und treiben einen ca. 200 m langen Tunnel entlang, an dessen Decke Glühwürmchen hängen. 200 m Glühwürmchen!!! Irre.

Etappe Charleston – Westport

26,2 km, 84 Hm, 100% Teerstraße // Unterkunft: Backpacker's Hostel

Wieder eine Monsteretappe. 27 km! Ich lass es sehr ruhig angehen und koche mir mein neues Lieblingsfrühstück: Porridge mit Cashew- und Erdnüssen, geröstet und gesalzen. Boah wie gierig! Dann freue ich mich mich wieder immens darauf meinen Truck auszuparken und loszureiten. Als gäbe es nix anderes. Mit dem frischen Duft des maschinell gewaschenen Trikots geht’s on the road. Meine Muskulatur schafft es heute über den Fitnessgrad einer Schlafsackmuskulatur nicht hinaus.

Kurz nach meiner Ankunft fängt es an zu schütten, und wie! Und hört nicht mehr auf. Ich wäre morgen gerne surfen gegangen, doch der Wetterbericht lässt mich nicht hoffen. Evtl. Feuerwerke fallen ins Wasser.

Mit meiner Unterkunft habe ich Glück. Es gibt keinen Platz im Garten, an dem ich mein Zelt aufstellen könnte. Daher darf ich in ein bereits stehendes Großzelt einziehen. Ganz allein. 2 Schlafkabinen für je 3 Personen. Meine Zeltsuite.

Im Ort ist nichts los. In der Unterkunft laufen nur Unterhaltungen. Ich verabschiede mich um 22 Uhr in meine Suite … und kann nicht schlafen. Unbekanntes Zelt, Starksturm und -piss. Keine Ahnung ob die Zeltsuite das Wetterungeheuer aushält. Um 2 Uhr meldet sich mein Magen. Das Bettrestaurant öffnet und spendiert labriges Toastbrot mit Nutella. Danach schlafe ich tatsächlich noch für 3h ein.

Ruhetag Westport

Ich verwöhne mich mit einem sündhaft delikaten Frühstück.

Entgegen von Vorhersagen hört es gegen Mittag tatsächlich auf zu regnen. Während euch die Böller um die Ohren fliegen, mache ich eine Spritztour zu einer 16 km entfernten Seelöwenkolonie.

So ganz ohne Gepäck sind mir die 2 x 10 auf der Geraden zu wenig. Da helfen nur 2 schwerere Gänge oder 2 Packtaschen. LOL. Die Sonne grillt alles unter ihr. Mein Handy überhitzt. Ich auch… Bevor ich vom Stein kuller oder einer Möve verschleppt werde, raff ich mich auf. Der kalte Fahrtwind kühlt meinen Körper zum Glück schnell herunter.

Bei der Rückkehr gibt’s Obstsalat. Im Supermarkt hier kann man Früchte einzeln kaufen.

Bustransfer Westport nach Nelson

220 km in ca. 4h per Bus

6:03 Uhr der Wecker klingelt. Immerhin erwarten mich heute ca. 2km auf dem Bike. Aber die sind nicht der Grund meines frühen Starts. Es geht surfen!!!!!!!!! Oder realitätsnaher ausgedrückt: Mit einem Surfboard ins Wasser. Das Wellenreiten macht mir schon übel Spaß, im Liegen, aufzustehen schaffe ich selten. Bei den Dingen, die man nicht kann, verletzt man sich bekanntlich gerne. So ist mir mein Board auf m Kopf gelandet :-/ und hat mir ne fette Beule verpasst. Fun war es trotzdem.

Am Nachmittag bleibt noch Zeit zu einer anderen Beach zu radeln. Ich stelle meinen Helm eine Größe größer, damit die Beule hineinpasst.

Gegen 16 Uhr kommt der Bus und nimmt mein Bike und mich hoffentlich mit nach Nelson. Ob Bikes mitreisen dürfen ist abhängig von Fahrer und Platz im Gepäckfach. Also Abreise ungewiss. Deswegen wollte ich Bus & Bike meiden. Jetzt mal kieken…
Damit der Busfahrer mein Bike mag, zerlege ich und packe es ein.

Der Bus kommt. Ein älterer Herr mit Shorts und Plauze steigt aus. Er hat sein Gepäckfach unter Kontrolle. Sympathisch. Ich schiebe mein wohl präpariertes Bike in seinen Sichtbereich, er zeigt mir einen leeren Bereich im Gepäckfach und schwubbs ist es drin ? Ich hüpfe on board und schluchze vor Erleichterung und Freude.

Auf der Fahrt gibt der Fahrer noch scenic Hinweise! Ich bin baff. Erwartungen übertroffen. Gleich zu Beginn gibt es 2 längere einspurige Passagen, eine mit Ampel und einem saftigen Anstieg. Ob ich den in der Grünphase geschafft hätte, bleibt ein Rätsel. Und soll ich euch noch was sagen: Ich habe am 2.1 zwischen 16 und 19.30 Uhr sagenhafte 0 Biker auf dieser Strecke gesehen.

Angekommen in Nelson: Kulturschock! Hier gibt es mehr als 1 Hauptstraße, mehr als 5 Schilder mit Übernachtungsmöglichkeiten und Menschen, so viele wie mir in den letzten Bikewochen insgesamt begegnet sind !!

Nelson

Eigentlich wollte ich heute einen Rundkurs ohne Gepäck fahren, aber es regnet und ich entscheide mich für einen Stadtbummel. Ich bleibe 2 Nächte, da ich heute Abend Freunde treffe, die ich eigentlich an der Westküste treffen wollte. Aber die sind ja nicht so schnell mit ihrem Auto…
Die Stadt bietet viel: Anonymität, künstlich blumige Gerüche, geschmickte Gesichter, Futter im Überfluss… Zu viel Input für Augen und verbeultes Gehirn.

Etappe Nelson – Marahau

77,0 km, 238 Hm, 40% Teerstraße, 40% Schotterweg, 20% befestigter Irgendwasweg // Unterkunft: Marahau Backpackers (an T-Kreuzung kurz vor Marahau links, dann in Linkskurve rechts fahren, dann links megakrass steile Auffahrt hoch)

Mann bin ich froh Nelson zu verlassen. Das Pflaster war nicht meins. Ich versuche den ausgeschriebenen The Great Taste Trail zu fahren. Das ist ein 4-Tages-Rundkurs, mit Etappen von bis zu 40km. Ich habe noch 4 Radeltage. Anstatt herumzubummeln möchte ich ihm in meinem Tempo bis ans nördliche Ende entlang der Küste folgen und dann weiter nördlich biken. Dabei muss ich sicherstellen, dass ich unter Berücksichtigung von Tagesform oder Pannen die Strecke auch langsamer zurückstrampeln kann. Ich möchte meine Rückfahrt nicht riskieren und dennoch jetzt nochmal voll aufdrehen. Sagt zumindest meine verbeulte Schaltzentrale.

Durch dass es mehr als nur 1 Hauptstraße in Nelson gibt, brauche ich 1h, um ans Stadtende zu gelangen. Straßenlärm und enge Wege nerven. Ich orientiere mich an der Ausschilderung des Trails. Und da ist er wieder: Der Wind, ein Kettenblatt stark. Ich ziehe meine winddichte Mütze an, Kopfhörer rein, schalte herunter und lasse es um mich geschehen.

Zudem habe ich heute den Fehler gemacht und einen Mountainbiker gegrüßt. Peinlich berührt hat er verlegen zurückgegrüßt. Vor dieser Reise hätte ich als Mountainbiker auch keine Packtaschen gegrüßt. Aber NACH dieser Reise werde ich meinen Helm vor allen Packtaschen ziehen!

Mein geliebter Truck an meinem Lieblingszipfel Neuseelands.

Noch bevor ich richtig in Tritt komme, werde ich schwach: coffee! Weht mir eine Fahne vors Gesicht. Das muss ich Neuseeland lassen: an fast jeder Ecke gibt es Moccachino. Gierig!!

Es ist nicht wichtig schnell zu sein. Wichtig ist, überhaupt in Bewegung zu sein.

Nun kann es weitergehen.

Der sich windende Track führt an Ebbelandschaft vorbei. Über eine swing bridge geht’s auf Rabbit Island und von ihr per Fähre (juhuuuu Fähre fahren) zurück aufs Festland. Ich will unbedingt Fähre fahren, daher der umständliche, zeitaufwendige Umweg.

Auf Rabbit Island stehe ich vor der Wahl: Coastal Track (geteerte Küstenstraße) oder Forest Track (querfeldein durch einen Wald). Ich überlege nicht lange und biege in den attraktiven Nadelwald ein. Zu Beginn meiner Reise hätte ich mit Sicherheit den anderen Track gewählt. Ich denke ein wenig über meine Entwicklung auf dem Bike nach.

An der Fähre angekommen schnacke ich mit einem Päarchen, mit dem ich die nächsten Kilometer gemeinsam abspulen werde. Ziel: ein beliebtes Café. Mit einem interessanten Klo.

Trockentoilette.

Kaffeestopp #2. Wir reden über das Leben, Mietpreise, Sport, Mentaltraining… Danach trennen sich unsere Wege, denn die beiden kurbeln zurück.

Es wird hügeliger, wobei der verfl******* verk****** (stellt euch bitte 10 Zeilen hochgradiger böser Schimpfattribute vor !!!) Wind mich wieder nachdenklich stimmt. Welches ist das beste mind-set für diesen Gegenwind, der einem das Gehirn herausbläst?

Oben bietet sich mir eine gigantische Aussicht. Da will ich hin!!
Dann fallen mir die Augen heraus!!!!!!!!!!!!!

Ich genieße! Frozen Joghurt Stopp – Auch lecker. Die Eine-Hauptstraße-Stadt Motueka gefällt mir richtig gut. Immer wieder Fotostopps.

Entlang der Küste geht’s weiter. Küstlich.

Dann das: Der ausgeschriebene Track mit Schwierigkeitslevel 1-2 verläuft durch einen Bike Park. Ich weiß nicht, ob ich heulen oder lachen soll.

Jetzt erklärt sich mir, warum ich Biker mit Vollvisier gesehen habe. Ich lausche, der Wald ist still um 18 Uhr. Ich schätze der Bike Park hat noch nie ein Gefährt wie meins gesehen. Andersrum genauso. Ich wage es, muss ja irgendwie… In Serpentinen (mit Steilkurven) schraube ich mich in die Höhe. Der Untergrund ist sehr angenehm zu fahren. Hangabgänge wurden sicherheitsbewusst mit Flatterband gesichert. Nach einigen Minuten geht’s bergab. Ich mache einen Pakt mit mir: Wenn ich blau (leicht) nicht von schwarz (Hardcore schwer) unterscheiden kann, anhalten und Sonnenbrille absetzen! OK. Läuft. Der Truck läuft downhill.

In einem Bike Park – hahahahhaaaaaa. Es ist soooooo genial! Ich genieße die Steilkurven und den Track in meinem Tempo! Es ist genial! Fetzt total!! Ich habe mordsmega.. (stellt euch 10 Zeilen bester schönster Attribute vor) Riesenspaß und nähere mich behutsam sacht dem Ausgang. Dort versuche ich unentdeckt zu entkommen, denn wer fährt schon mit Packtaschen in einen Bike Park??!?!??!?!??!?!

Es ist 19.30 Uhr, die Vernunft sagt: Haus bauen. Ok, Kurs auf den nächsten camp ground. Auf meine Frage, ob sie ein Stellplätzchen frei hätten, höre ich zum 1. Mal während meiner Reise ein NO. Ich bin fassungslos. DOC gibt es hier auch keine. Nahe dem Abel Tasman Nationalpark sind viele Ranger unterwegs. Keine schlaue Idee rechtswidrig irgendwo wild zu campen. Ich bin ziemlich am Ende der Insel. Es gibt noch 1 Ort nördlich. Oder ich muss zurück. Die Frau an der Rezeption telefoniert für mich nahe gelegene Unterkünfte ab. Erst in Maharau wird sie fündig. Eh ich ankomme ist die Rezeption zu. Junge, ist das anders hier. Ich darf kommen, muss aber noch ca. 8 km mit einigen Höhenmetern kurbeln.
Die Strecke beamt mich weg! Kurvenreich, eng, aussichtsreich. WHOW.

Ich dusche den Staub von meinen Schienbeinen – I LOVE IT -, freue mich über diese sehr angenehme Dusche (seit 3 Tagen) und bette mich in einem 6er mixed dorm mit gratis Mücken und Schnarchorchester.

Ruhetag Marahau

Da Unterkünfte Mangelware hier zu sein scheinen, bleibe ich 2 Nächte. Ist ja nicht schlecht hier… ☺ Hatte nicht an diese Möglichkeit gedacht, eine Monstertour zu machen und dann gemütlich zurückzusegeln.
Wassertaxis sind hier sehr beliebt und bringen Wanderer aus dem Tasman Nationalpark zurück und gleichzeitig neue Wanderer in den Park und Faultiere wie mich hin und zurück.
Die Fahrt ist klasse. Wenn die Schnauze vom Boot in den Himmel ragt, kann ich mein Glück nicht fassen. Die Gischt sprüht in mein Gesicht. Ein Riesensalzstreuer ist das Meer.

Die Neuseeländer mögen’s ursprünglich. Fremde Baumarten werden im Abel Tasman Nationalpark vergiftet, indem ihnen in den Baumstamm Gift injiziert wird. Dadurch fallen sie allmählich in sich zusammen, verfärben sich aber auch. Nach ein paar Jahren nimmt der originale Neuseelandbusch den Platz ein.

Etappe Marahau – Motueka

Meist frühstücke ich Porridge mit Nüssen oder Früchten, sofern verfügbar. Aber manchmal gibt es ‚das andere Frühstück‘. Hier gibt es creamy rice in einer Dose. Den mache ich mir warm und schmeiße Früchte ebenfalls aus einer easy-to-open Dose dazu. Das sieht dann so aus:

Zurück über die kurvenreiche enge Küstenstraße komme ich in Empfangsbereich und poste euch von hier:
Natürlich ist mein heutiges Highlight der Bike Park!!!! Kann es kaum erwarten. In einer Kurve spotte ich mein Lieblingsbild, das ich gerne mit euch teilen würde. Nur sehr schwierig, ein Selfie zu machen. Verdammt! Plötzlich kommt ein Typ, der mich nach einer Luftpumpe für skinny valves fragt. Hab ich! Der Deal ist geschlossen. Pumpe gegen Foto. And here it comes. My absolutely most favorite photo:


Was für ein Zufall und was für ein geiler Spot um Luft aufzupumpen, Fotos zu machen, die Reise zusammenzufassen….

Ich strande in Motueka. Kein Wunder… Schon bei meiner Durchfahrt vor 2 Tagen ist mir ein schnuckeliger Campingplatz aufgefallen. Ich klopfe an und bekomme den letzten Stellplatz. Bei meinen vielen Kaffeepausen derzeit komme ich schnell in Kontakt mit locals. Ich nutze den Nachmittag zum Spazieren gehen.

Etappe Motueka nach Nelson

Finale Etappe. Nochmal alles rauslassen. Jodeln, singen, jauchzen, japsen, vom Wind auspeitschen lassen, in der Sonne brüten, Gepäck verzurren, truck balancieren, ideale Spur suchen, schwitzen, fluchen, frieren – all das auf einmal ist in Neuseeland möglich.

Wie geht’s mir dabei? Noch prima. Das Ende ist mir selten präsent. Wenn ich konkret an die Rückgabe vom Bike denke, werde ich schwach. Und dann denke ich an das neue Kapitel, das ich in ein paar Wochen beginnen darf und schon strahle ich wieder. Ich freue mich echt auf mein neues Zuhause und bin megaerleichtert, diese Tour hier so krass abgerockt zu haben.
Entgegen meiner Vermutung Straße zu fahren, möchte ich tatsächlich nochmal den hügeligen anstrengenden Schotterweg fahren. Na gut. Allemann aufsitzen, los geht’s!!

Um 18.30 Uhr treffe ich Freunde, die es ebenfalls nicht geschafft haben, mich an der Westküste einzukriegen. Und wir trafen uns schon vorher auf der Straße! Was für ein Zufall!! Die hatten sich verfahren und ich bin an der Küste entlang in die Stadt rein gefahren, weil ich den anderen Track bereits kannte. Wie genial! Jetzt gehen wir nice essen und lassen den Abend ausklingen.

FINISH FINISH FINISH FINISH FINISH FINISH

Zielfoto:

Ziel erreicht. 28. Etappe abgeschlossen. Mehr als 1.600km gestrampelt mit Sack & Pack.

Bustransfer Nelson nach Christchurch

Hey folks, Daumen drücken!! Hoffentlich nimmt mich der Bus mit, sonst hab ich echt ein Problem. Plan B, Mietwagen holen, funktioniert nämlich nicht, da ich keinen Führerschein dabei habe…

8:08 Uhr. Ich bin im Bus!!!!!! Mit Bike!!!!! Das hat sogar einen Stehplatz bekommen. Super Deluxe! Auf nach Chch, wo wir um 4 ankommen. Ein Auto bräuchte ca. 3h, ich aufm Bike ca. 5 Tage LOL

Die Strecke ist busy und verdammt eng! Nelson bis beautiful Hanmer Springs sind hügelig, verwinkelt und ohne Ausweichmöglichkeit weder für Biker noch überholende Fahrzeuge. Richtige Entscheidung. Dann fallen mir wieder die Augen heraus, die Nase klebt an der Scheibe. Mann wie wunderschön. Etappe gepowered by M&M und Mocca.

In Christchurch angekommen baue ich mein Bike zusammen, sattle es und reite los. 10 km nordostwärts falle ich in einem Holiday Park ein, zum letzten Mal. Zum letzten Mal Palast bauen, zum letzten Mal supergenial mit Frischluft schlafen. Zum Abendessen gibt es 505 gr schwere Sweet Potato and Pumpkin Pampe. Pumkin gibt’s hier öfter, bin irgendwie auf den Geschmack gekommen.

Meine Nachbarn sind Dänen, Mutter und Sohn, die morgen loskurbeln. In etwa meine Tour rückwärts. Ich spende Dinge, die ich nicht ehr benötige bzw. nicht benötigt habe.

Antarktis > Taipeh > Europa

Es bleibt spannend. Das ist meine Rückreiseroute. Was sich dahinter verbirgt? Lasst euch überraschen ?

Fahrradspuren in der Antarktis?

Christchurch bezeichnet sich als Tor zur Antarktis. Sind ja auch nur schlappe 1300 km bis dahin. Da lohnt sich n Abstecher, gell?!

Auf zum Terminal!

Boarding – huuuiiii es geht los! Bis später folks. ?

Hier leben u.a. die kleinsten Pinguine der Welt.

Und es gab sie schon, Biker in der Antarktis.

Schade, ich bin nicht die erste Polar-Bikerin.

So, jetzt habt ihr lang genug warten müssen. Hier kommt die Auflösung. Christchurch bzw. Neuseeland bezeichnet sich als „Gateway to the Antartic“, weil es nur noch ein Hupfer bis auf den Eiskontinent ist. Von hier aus starten viele Expeditionen etc.

Und über das alles kann man sich im Antartik Center in Christchurch informieren, kann einen simulierten Flug dahin unternehmen (s. Bild), Pinguine bestaunen (s. Bild), in Crew-Tagebüchern stöbern, Ausrüstung anfassen bzw. anschauen, einen Schneesturm in einer Kältekammer mit -18°C erleben uvm.

Ich war sagenhafte 4h in dem Center. Toll ! Toller Kontinent ! Ich wünsche, die bräuchten jemanden für eine Bike-Ice-Expedition.

Zugabe

Wie viele Stunden kann ein Mensch am Stück schlafen?

Nach meiner Rückkehr habe ich sagenhafte 17,5 Stunden ununterbrochen geschlafen!

Ich habe viele Menschen getroffen. Interessante Menschen. Abgesehen von den Standardtouristen in Familienkonstellation und Camper gibt es viele world & holiday maker, v.a. aus Deutschland und Frankreich, zwischen 18 und 20 Jahre jung. Sie reisen meist in eigenen Pkw umher und leben auch in diesen! Die Pkw haben mind. 20 Besitzer und mind. 200 000 km auf dem Tacho. Die Biker, mit denen ich gesprochen habe, waren meist Wochen, wenn nicht sogar Monate, unterwegs. Manche reisen allein, manche als Paar. Einer lebt seit 1996 auf seinem Rad. Vorrangig habe ich Deutsche und Franzosen getroffen, aber auch Niederländer, Schweizer und Dänen. Und dann gibt es noch jene, die ihren Job geschmissen haben, ihre Sachen gepackt und losgezogen sind. Allesamt unter 40, das hat mich überrascht.

Hier eine Übersicht mit den Top- und Flopartikeln:
FLOP

  • Öl zum Braten (2x benutzt zum Eier braten)
  • Wasserkessel (mein Kocher umfasst 2 Töpfe und 1 Kessel, den habe ich nie benutzt)
  • GoPro (lies sich mit Solarpanel nicht laden)
  • Rock (war zu kalt/stürmisch, nicht gebraucht)
  • Fahrradbeleuchtung (nie gebraucht)

TOP

  • Spanngurte
  • Solarpanel
  • Zelt (ein richtig gutes, leichtes, sturm- und wasserfestes)
  • Daunenschlafsack (leicht, klein, warm)
  • Winddichte Mütze (damit’s Gehirn bei dem Wind nicht einfriert)
  • Shorts mit vielen verschließbaren Taschen (das Teuerste immer am Mann)

Wen’s interessiert, hier ein paar Details zur Biker-Ausstattung:

  • ich fahre die Ortlieb Packtaschen, die gigantische 70 Liter fassen. Mit denen bin ich sehr zufrieden, nur beim nächsten Mal werde ich darauf achten, dass das Rack viereckige statt bei mir dreieckige Seitenteile hat. Eine meiner Taschen biegt sich gerne in Richtung Speichen. Bei Unebenheiten in der Fahrbahn ist das kein Spaß.
  • 2 x 10 Deore: reicht bis jetzt vollkommen aus, auch mit Volllast.
  • Karte vs. GPS: ich mache das meiste mit einer wasser- und reißfesten Karte. In Christchurch und Nelson musste ich das Handynavi bemühen, um an ein gewünschtes Ziel zu gelanten. Neuseeland kann ich für Beginner und Ungeübte empfehlen, echt gute Ausschilderung.

Mangelliste:
Ein 2. Pullover. Gerade im Osten zu Beginn meiner Reise war es tagsüber oft so kalt, dass ich meinen (einzigen) Pullover auch zum Biken angezogen habe. Am Abend dann aber auch, als 2. Schicht ?

Es gibt ja Menschen, die interessiert immer das Unschöne, das Ekelige, das Unanständige. Ich war ungewöhnlich anständig auf dieser Tour, aber 2 Sachen sind erwähnenswert. 1. Aus Wassermangel habe ich überschüssiges Nudelkochwasser abgeschöpft und für Kaffee verwendet. Nudelkaffee. 2. Ich habe kochendes Salzwasser für Tee verwendet. …ehrlich gesagt, das war in dem Zustand yammie. Salztee.

Mangelware

Kurven. Oft radel ich kilometerlang geradeaus. Ohne Richtungsänderung.

Das Wetter

Untypisch, sagt man mir.

Danksagung

Ich bedanke mich von ganzem Herzen bei allen eifrigen Lesern dieses Blogs. Es ist ein ganz tolles Gefühl, euch auf dem Gepäckträger sitzend (@Jens: Was für eine wunderbare Metapher!!) mit dabei gehabt zu haben. Megavielen Dank für das Feedback, das ich erhalten habe! Dieses Gefühl hat mich motiviert hier so zu posten und wird mir fehlen und macht mich schon wieder sentimental. Ihr seid spitze! Ich danke euch!!!!!